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219. Der Westfälische Friede.
Der Friede war unterzeichnet. Die Gesandten hatten einander zur
Bestätigung feierlich die Hand gereicht. Auf allen Straßen ritten die
Trompeter, das glückliche Ereignis zu verkündigen.
Zu Nürnberg hielten die Kaiserlichen und die Schweden im großen
Saale des Rathauses das Friedensmahl. Die hochgewölbte Halle war
glänzend erleuchtet; zwischen den Kronleuchtern hingen dreißig Arten Blumen.
Vier Musikkorps waren zu lustigem Spiel aufgestellt. In sechs verschiedenen
Zimmern versammelten sich die sechs Klassen der eingeladenen Gäste. Auf-
getragen wurde in vier Gängen, jeder Gang hundertundfünfzig Speisen;
dann kamen die Früchte in silbernen Schüsseln. Wenn die Gesundheit
Seiner Kaiserlichen Majestät zu Wien und Ihrer Königlichen Majestät von
Schweden ausgebracht und auf das Gedeihen des geschlossenen Friedens
getrunken wurde, mußte auf der Burg aus fünfzehn großen und kleinen
Stücken geschossen werden. Für die Armen aber wurden zwei Ochsen ge-
schlachtet und viel Brot ausgeteilt, und aus einem Löwenrachen lief sechs
Stunden lang weißer und roter Wein herab. Aus einem größeren Löwen-
rachen waren dreißig Jahre lang Tränen und Blut geflossen.
Und wie die Herren Gesandten rüstete das Volk in jeder Stadt, in
jedem halbzerstörten Dorf eine Festfeier. Den alten Landleuten erschien
der Friede als eine Rückkehr ihrer Jugend. Sie sahen die reichen Ernten
ihrer Kinderzeit wiederkehren, dicht bevölkerte Dörfer, die lustigen Sonntage
unter der umgehauenen Dorflinde, die guten Stunden, die sie mit ihren
getöteten und verdorbenen Verwandten und Jugendgenossen verlebt hatten.
Sie sahen sich selbst glücklicher, männlicher und besser, als sie in fast dreißig
Jahren voll Elend und Entwürdigung geworden waren. Die Jugend aber
empfand das Rahen einer wunderbaren Zeit, die ihr vorkam wie ein Märchen
aus fernem Lande. Sollte doch die Zeit kommen, wo auf jedem Ackerstück
dichte, gelbe Ähren im Winde wogen, wo in jedem Stalle die Kühe brüllen,
in jedem Koben ein rundes Schweinchen liegen sollte; wo die jungen Männer
nicht mehr mit Heugabeln und verrosteten Musketen den Nachzüglern im
Busch auflauern oder als Flüchtlinge in unheimlicher Waldesnacht auf den
Gräbern der Erschlagenen sitzen, sondern mit zwei Pferden und unter
lustigem Peitschenknall auf das Feld fahren würden; wo die Dächer des
Dorfes ohne Löcher, die Höfe ohne zerfallene Scheuern sein sollten; wo
man den Schrei des Wolfes nicht in jeder Winternacht vor dem Hoftore
hören müßte; wo die Dorfkirche wieder Glasfenster und schöne Glocken
haben würde; wo in dem beschmutzten Chor der Kirche ein neuer Altar
mit einer seidenen Decke, einem silbernen Kruzifix und einem vergoldeten
Kelch stehen sollte
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Extrahierte Ortsnamen: Nürnberg Schweden Wien Schweden
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während der Katastrophe unter dem Kirchenportal stand, im
Augenblick des Einsturzes aber noch zurückgerissen wurde.
Die meisten Einwohner haben den Ort schon verlassen, ein
kleiner Rest ist geblieben und sucht unter Zelten und Gewölben
Unterkunft. Der Ort ist als gänzlich verloren zu betrachten. Wenn
man auch die Häuser wieder aufbauen kann, so ist doch sämtliches
Land verschüttet, und es wird wohl Jahre, wenn nicht Jahrzehnte
dauern, bis sich eine neue, ertragsfähige Humusdecke bildet.
Am Karfreitag ritten wir von Pompeji aus zunächst über Torre
Annunziata nach Bosco-tre-case zum Ende des einen Lavastroms
und dann hinauf zum Vesuvkegel bis zur Höhe von 720-750 m.
Weiter zu kommen, war mit den Pferden unmöglich, die Tiere
versanken bis weit über die Knie in der Asche; wir mußten also
versuchen, zu Fuß vorzudringen. Der Weg war äußerst mühsam
und sehr gefährlich. Wir wateten oft bis unters Knie in Lapilli
und Asche ohne jeden Weg. Allmählich wurden die Lapilli heißer,
so daß wir gezwungen waren, etwa alle 150-200 m stehen zu
bleiben und uns auf große Steine zu stellen, nur um die Füße
zu kühlen. Die eine der Damen und der Führer haben große
Brandblasen an den Füßen davongetragen. Was aber die Sache
direkt unangenehm machte, waren die glühend heißen Lapilli-
und Aschenlawinen, die ganz nach der Art unserer Schneestaub-
lawinen sich vom Kraterrand loslösten. Also neben der Gefahr der
Verschüttung die des Lebendig-Geschmortwerdens! Der äußerst
feine Staub bildet zwischen den Lapilli ein vorzügliches Gleitmittel,
und so wandern diese mehr oder weniger schnell sich bewegen-
den Massen bis zu Kilometerweite. Die Drahtseilbahn ist total zer-
stört; von der unteren Station sahen wir nur zwei große Wasser-
tonnen und einen großen Kessel! Schienen und Leitungsstangen
sind weit fortgeschleudert, völlig verbogen und zertrümmert.
Aus „Berichte über die Versammlungen des Oberrheinischen
Geologischen Vereins" Karlsruhe 1907.
285. Ein Stiergrfecht in Madrid.
1. Ein großes Stiergefecht fand am Tage nach meiner Ankunft in
Madrid statt. Um 3 Uhr nachmittags begab ich mich nach der kreisrunden
Arena; 12 000 Menschen waren da versammelt, um die Kämpfe zu schauen.
Wie in den Amphitheatern der Alten erheben sich etwa 20 steinerne Stufen,
auf welchen man sitzt, und darüber noch zwei Reihen Logen, in der Mitte
die der Königin. Der innere, ganz freie Raum, der eigentliche Kampf-
platz, ist von den Zuschauern durch eine ringförmige, zwei Meter hohe
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Extrahierte Ortsnamen: Pompeji Lapilli Lapilli Madrid Madrid
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(Fisch) gegessen, viel Ungar getrunken, geschrieben und will
nun zu Bett gehen, wenn die Zigeunermusik mich schlafen läßt.
Gute Nacht! Istem adiamekl
248. Palmsonntag in Wien.
1. „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche".. . Wir Großstädter-
leben ihn zwar nicht mit, den gigantischen Kampf der Geister der Lüfte,
die über die schneeigen Firnen rasen, Lawinen zu Tale senden und die
erstarrten Wässer mit ihrem Hauch beseelen, aber wir harren mit Sehn-
sucht auf die ersten Boten, die uns das Herannahen des lieblichen Knaben
verkünden. Manche von uns können es gar nicht erwarten und fahren
dem Lenz ein gutes Stück Weges entgegen bis jenseit der Alpen, an
die milden Gestade der Adria, wo er schon Wochen vorher seine Blüten
ausstreut.
Der eigentliche Frühling beginnt auch für die Großstadt erst um
die schöne Osterzeit, das heißt, wenn sie schön ist. Der Wiener beginnt
seine Frühjahrssaison am Ostermontag mit der ersten allgemeinen Prater-
fahrt. Früher aber schon späht er in den Auen des Praters oder in den
Buchenhainen des Wiener Waldes nach den zarten Frühlingskindern aus.
Zu diesen Frühlingskindern gehören auch die „Palmzweige", auch
„Palmkatzeln" genannt, die in Wien am Palmsonntag nur in wenigen
Häusern der katholischen Bevölkerung fehlen.
Sie haben, außer der Erinnerung an den Einzug Christi in Jeru-
salem, auch noch eine Nebenbedeutung, die sich auf alte, heidnische Ge-
bräuche bezieht.
Die alte Heidengöttin Ostara hat bei allen diesen frohen Festen
der wiederkehrenden, befruchtenden Sonne ihre Hand im Spiele. Selbst
die Namen Osterei und Osterhase sind nur untergeschobene, veränderte
Wörter für die mächtige Frühlingsgöttin Ostara. — Die Palmweihe
bestand als Osterbrauch schon vor dem Christentum in Deutschland. Die
geweihten, knospenden Zweige der Weidenpalme galten als Schutzmittel
in Hans und Feld gegen Feuer, Blitz und Hagel.
Die katholische Kirche hat die Weihe dieser Palmzweige auf den
Sonntag vor Ostern verlegt. In früheren Zeiten wurde zur Erinnerung
an den Einzug des Heilands, der auf einer Eselin in Jerusalem einritt,
ein Esel durch die Straßen geführt — der Palmesel. Dieses Tier war
kostbar geschmückt und wurde von einer Schar von Andächtigen begleitet,
die Palmzweige in den Händen trugen. Von diesem Brauch hat sich
das Spottwort: „Aufgeputzt wie ein Palmesel" erhalten.
Wenn der Frühling artig ist, so macht er am Palmsonntag seinen
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Extrahierte Ortsnamen: Wien Adria Wien Christi Jeru- Deutschland Jerusalem